Der Bundesfinanzhof (BFH) hat mit Urteil vom 19. Oktober 2021 - VII R 26/20 entschieden, dass es bei einer in nationales Recht umgesetzten obligatorischen Steuerbefreiung der Energiesteuerrichtlinie gegen das Unionsrecht verstößt, wenn diese auf Grund des Versäumnisses einer Antragsfrist verweigert wird. Der Entlastungsanspruch könne deshalb allein wegen des Versäumnisses der Antragsfrist nicht verwehrt werden.
Antragsfrist
Vor dem Hintergrund der vorgenannten Rechtsprechung wird die in § 103 Abs. 2 Satz 4 EnergieStV geregelte Antragsfrist (30. September 2023) bis auf Weiteres ausgesetzt. Anträge können daher noch bis zum Ablauf der Festsetzungsfrist gestellt werden (für das Verbrauchsjahr 2022 in der Regel bis zum 31. Dezember 2023).
Im Rahmen des Verfahrens VII R 44/19 hat der BFH dem Europäischen Gerichtshof (EuGH) mit Vorabentscheidungsersuchen C-553/21 anschließend die Frage vorgelegt, ob der unionsrechtliche Verhältnismäßigkeitsgrundsatz auch für die fakultativen Steuerbegünstigungen mit der Folge gilt, dass der Mitgliedstaat die Steuerbegünstigung nach Ablauf der in seinem Recht geregelten Antragsfrist nicht verweigern darf. Der EuGH hat diese Frage mit Urteil vom 22. Dezember 2022 bejaht. Der BFH hat nun in seinem noch ausstehenden abschließenden Urteil zu entscheiden, ob die Antragfristen im Bereich der fakultativen Steuerbegünstigungen in bestimmten Fällen weiterhin Bestand haben können.
Bis zur Rechtkraft des noch ausstehenden Urteils des BFH werden die beantragten Steuerbegünstigungen jedoch nach § 165 Abs. 1 Nr. 4 der Abgabenordnung (AO) vorläufig festgesetzt, wenn die Anträge nach dem 30. September 2023 gestellt werden.