Für den Geschäftsführer einer GmbH stellt sich bei der Sozialversicherung häufig die Frage, ob vom Geschäftsführergehalt Beiträge zur gesetzlichen Sozialversicherung (Renten-, Kranken-, Unfall- und Arbeitslosenversicherung) abgeführt werden müssen. Grundsätzlich gilt, dass ein Gesellschafter, der mehr als 50 % der Anteile an einer GmbH hält, eine beherrschende Stellung in der Gesellschaft innehat und er nicht als abhängiger Arbeitnehmer gilt. Seine dann bestehende selbständige Stellung führt dazu, dass er von der Sozialversicherungspflicht befreit ist und keine Pflichtbeiträge leisten und abführen muss.
Etwas Anderes kann jedoch bei dem nicht beherrschenden Gesellschafter-Geschäftsführer gelten, dessen Beteiligung an der GmbH unter 50 % liegt. Bei einem Minderheitsgesellschafter kommt eine Befreiung nur dann in Betracht, wenn ihm umfassende Vetorechte gegen Beschlüsse der Gesellschafterversammlung zustehen. Der erforderliche Umfang dieser sog. Sperrminorität war bislang seitens der zuständigen Gerichte nicht abschließend geklärt.
Im vergangenen Jahr hat sich das Bundessozialgericht (BSG) in seinen Entscheidungen mit den Fragen hierzu befasst und seine bisherige geltende Linie weiterentwickelt. Das BSG hatte vor geraumer Zeit bereits entschieden, dass ein Minderheitsgesellschafter-Geschäftsführer nur dann selbständig tätig ist, wenn er über eine im Gesellschaftsvertrag verankerte echte/qualifizierte Sperrminorität verfügt, die nicht auf bestimmte Angelegenheiten begrenzt ist, sondern uneingeschränkt die gesamte Unternehmenstätigkeit umfasst. Mit einer weiteren aktuellen Entscheidung hat das BSG deutlich gemacht, dass die Voraussetzung, die Sperrminorität müsse uneingeschränkt die gesamte Unternehmenstätigkeit umfassen, auch in dieser Weise zu verstehen ist. So ist es für die Annahme einer selbständigen Tätigkeit nicht ausreichend, wenn die Sperrminorität nur bestimmte Beschlüsse der Gesellschafterversammlung (u.a. die Änderung des Gesellschaftsvertrags und den Abschluss von Anstellungsverträgen mit Geschäftsführern) umfasst und zwar selbst dann nicht, wenn der Geschäftsführer zusätzlich über ein satzungsrechtliches Sonderrecht verfügt, wonach er nicht als Geschäftsführer abberufen werden kann, solange er eine Minderheitsbeteiligung an der GmbH hält. In einer weiteren Entscheidung hat das BSG klargestellt, dass die erforderliche Rechtsmacht auch bei einer gleichmäßigen Verteilung der Gesellschaftsanteile auf drei Gesellschafter-Geschäftsführer nicht vorliege. Da jeder Gesellschafter über 33,33 % der Stimmrechte verfügt, handelt es sich jeweils um Minderheits-Gesellschafter-Geschäftsführer. Zwar sind sie bei der Entscheidungsfindung in der Gesellschafterversammlung voneinander abhängig, weil jeder auch auf die Interessen der anderen Rücksicht nehmen müsse. Eine die sozialversicherungsrechtliche Selbständigkeit begründende Zusammenrechnung der Anteile erfolge aber nicht.
Hinweis:
Gerade in der letzten Zeit lässt sich vermehrt beobachten, dass Unternehmen von der Deutschen Rentenversicherung dazu aufgefordert werden, rückwirkend für einen Zeitraum von vier Jahren Sozialversicherungsbeiträge samt Säumniszuschlägen für die Tätigkeit ihrer vermeintlich selbständigen Geschäftsführer zu zahlen. Es ist anzuraten, den Status aller Geschäftsführer regelmäßig durch ein Status-Feststellungsverfahren über einen Rechtsanwalt zu überprüfen.
Quelle: BSG-Urteile vom 1. Februar 2022, B 12 R 20/19 R, B 12 R 19/19 R und VII R 23/19, LSK 2022, S. 1744